Sonntag, 19. August 2012

Flughafenchef Schwarz bekommt volle Dosis


Am heutigen Sonntag haben wir Kritiker das Wohnhaus von Flughafen-Chef Rainer Schwarz mit simuliertem Fluglärm beschallt.  An der halbstündigen Aktion am Potsdamer Griebnitzsee haben sich etwa 60 Demonstranten beteiligt. Aktivisten der unabhängigen Lärmwehr Berlin-Brandenburg unter der Führung des Stahnsdorfers Roland Skalla spielten von einem Floß aus vier mal drei Minuten lang Fluggeräusche vom Band ab. Sie mussten – so die polizeilichen Auflagen – zehn Meter Abstand zum Ufer der Schwarz’schen Villa halten. Mehr als 85 Dezibel durften nicht am Ufer ankommen. Die Polizei hatte einen Dezibelmesser aufgestellt. Auf der Virchowstraße vor dem Haus des Flughafen-Vorstandschefs durften sich laut Auflagen nur acht Demonstranten mit Transparenten versammeln.

Mittwoch, 1. August 2012

Bewertung des Urteils zu unserer Klage

Liebe Mitstreiter und Mitstreiterinnen,

wie sich bereits in der mündlichen Verhandlung am 3./4. Juli abzeichnete haben wir unsere Klage zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses leider nicht gewonnen. Das Genehmigungsverfahren für den (immer noch) in Bau befindlichen Berliner Großflughafen BER muss deshalb nicht noch einmal aufgerollt werden. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht in ihrem gestern in Leipzig verkündeten Urteil. Demnach dürfen die beiden Startbahnen - wie geplant - auch mit  abknickenden Flugrouten betrieben werden.

Dieses Urteil bedeutet, dass künftig zigtausende Berliner und Brandenburger von neuem Fluglärm betroffen sind, die sich jahrelang davor sicher fühlten
(...und auch heute noch nicht genau wissen, was nächstes oder übernächstes Jahr auf sie zukommt) !

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Im diesem Rechtsstreit haben wir mit zusammen anderen Gemeinden, wie Zeuthen, Mahlow und Lichtenrade, aber auch KTS, gegen das brandenburgische Infrastrukturministerium geklagt, weil wir uns durch die veröffentlichte Grobplanung der Flugrouten getäuscht sahen. Betreiber und Behörden hatten die Flugrouten der beiden Startbahnen entgegen besseren Wissens als gradlinig und nicht abknickend dargestellt, um den Bau ohne kostenintensive Zusatzgutachten durchsetzen zu können. Unser oberstes Ziel war es, den Planfestellungsbeschluss zu kippen und ein neues Verfahren einzuleiten oder hilfsweise die richterliche Anordnung eines "abhängigen Flugbetriebs auf geraden Routen" zu erreichen.

Laut Urteil war sei Klagefrist gegen den Planfeststellungsbeschluss bereits seit 2005 verjährt. Eine neuerliche Klage sei nur noch zulässig, wenn wir als  Kläger im Planfeststellungsverfahren "arglistig" getäuscht worden wären. Dies sei jedoch aufgrund der für jedermann erkennbar "flüchtigen" Flugroutenplanungen, die sich aus sachlichen Erfordernissen auch im laufenden Betrieb immer noch neuerlich wieder ändern könnten, nicht der Fall.

Solch eine arglistige Täuschung hatten wir anhand von Gesprächsprotokollen, die bewiesen, dass die Flughafenplaner bereits 1998 von der Deutschen Flugsicherung (DFS) darüber informiert worden waren, dass der zeitgleiche Betrieb beider Startbahnen aus Sicherheitsgründen nur mit geltend gemachtabknickenden Flugrouten möglich war. Obgleich die Richter einräumten, daß diese Fakten bekannt waren und die FBS diese nicht offen gelegt habe, wiesen sie den Vorwurf der Arglist seitens des Genehmigungsbehörde aber zurück. Flugrouten werden im Planfeststellungsverfahren für einen Flughafenbau nicht beschieden und könnten sich deshalb der Sache und dem Grunde nach kurzfristig immer ändern, so das Gericht. In diesem "Rechtspolitischen Ärgernis" sah die Präsidentin des BVerwG bereits in Ihrer Ansprache zum Jahreswechsel 2011/2012 mit Blick auf zukünftige Großprojekte und die Politik gesetzgeberischen Handlungsbedarf begründet.

Gleichzeitig bescheinigte das oberste Gericht dem Ministerium "Mängel" im Planungsverfahren und "Fehler" in der Abrgrenzung bzgl. des Untersuchungsraumes "Mensch" auf Seiten der Behörde. So wurden zum einen die Planungsunterlagen nicht in allen Gemeinden ausgelegt, wo es erforderlich gewesen wäre. Zum anderen fehlten in Teilen erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfunge
n und eine umfassende Einschätzung der möglichen Auswirkungen auf die Menschen in diesen Gebieten.

Deshalb sollen der Bevölkerung bei Flughafen-Neuplanungen und -Ausbauten (z.B. einer 3. Startbahn) neue und erweiterte Klagemöglichkeiten eingeräumt werden. In Zukunft soll offenbar jeder Bürger rechtzeitig gegen einen Planfeststellungsbeschluss eines Großprojektes klagen können, sofern sein Grundstück nur innerhalb eines denkbaren Einwirkungsbereiches des Flughafens liegt und es sachlich nicht auszuschliessen ist, daß er zukünftig von dessen Auswirkungen (Lärm; Emissionen u.a.m.) betroffen sein könnte.

Obwohl wir unsere Klage verloren haben, war es wichtig diesen Rechtsstreit zu führen. Durch die klaren Worte des Gerichts werden die Behörden in Zukunft sehr viel sorgfältiger arbeiten müssen um die Interessen ihrer Anwohner zu berücksichtigen.

So gesehen wird die ausführliche Urteilsbegründung, die wir in einigen Wochen erhalten werden, noch spannende Implikationen für ein erweitertes Demokratieverständnis und zukünftige Rechtsschöpfungen erwarten lassen! Wir werden dies dann genau analysieren und Sie darüber informieren.

Zur weiteren Information die Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichtes

Dr. Lutz Schirmer, Achim Haid-Loh
für den Vorstand der BI-Potsdam