Für Anwalt Hellriegel ist der Planfeststellungsbeschluss des BER rechtswidrig
Am 23.2.2012 hatte das „Bündnis Berlin Brandenburg gegen neue Flugrouten“ in das VKU-Forum in der Invalidenstraße (Berlin) zu einer Informationsveranstaltung mit dem Berliner Anwalt für Verwaltungsrecht Dr. Mathias Hellriegel geladen.
Hellriegel vertritt Kläger aus Mahlow-Nord und Zeuthen, welche durch die am 6.9.2010 bekannt gewordene Änderung der Flugrouten überraschend von Fluglärm betroffen sind. Die Klagen werden von den Bürgerinitiativen in Potsdam, Lichtenrade und Zeuthen unterstützt und finanziert.
Das Interesse betroffener Bürger aus Berlin und Brandenburg am Stand der Klage war groß. Die 200 Sitzplätze des Vortragssaals waren bis auf wenige Plätze besetzt, als Markus Peichl, Sprecher des einladenden Bündnisses und Martin Henkel, Vorsitzender des Bürgervereins Leben in Zeuthen, die einleitenden Worte sprachen.
Die Klage richtet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Flughafen Schönefeld von 2004 und das Infrastrukturministerium Brandenburg, das ihn verantwortet. Hellriegel verwies in seinem Vortrag eingangs auf den bereits bekannten Schriftwechsel aus dem Jahr 1998, der belegt, dass das brandenburgische Infrastrukturministerium, die Deutsche Flugsicherung und der Flughafen in Bezug auf die Flugrouten „bewusst täuschend“ zusammengearbeitet haben. Dieser Umstand durchbricht, so Hellriegel, die Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses. Anders als vielfach in der Öffentlichkeit dargestellt, haben Flughafenplanung und Flugroutenplanung sehr wohl miteinander zu tun: Die Flugroutenprognosen bilden den Kern der Rechtfertigung der ganzen Flughafenplanung. Sie sind zudem seit 1999 die Basis einer bindenden Rechtsverordnung zu Siedlungs- und Höhenbeschränkungen in den umliegenden Gemeinden. Die Flughafenanwohner und ihre Gemeinden haben sich bei ihren Entscheidungen auf die Planung des Flughafens verlassen, sie können jetzt Vertrauensschutz einfordern. Sogar Kanzlerin Angela Merkel und Verkehrsminister Peter Ramsauer haben sich wiederholt für den Vertrauensschutz am Flughafen BER und damit für die Beibehaltung der alten Flugrouten ausgesprochen.
In ihrem Urteil zur Nachtflug-Klage vom 13. Oktober 2011 bestätigen die Richter, dass die Planfeststellungsbehörde davon ausgehen musste, dass die DFS „nicht an den
parallelen Abflugwegen festhalten, sondern divergierende Abflugwege planen würde (BVerwG 4 A 4001.10, Rn. 157).“ Für Hellriegel ist damit „in Stein gemeißelt“, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig ist. Dieser Fehler im Planfeststellungsbeschluss konnte vor Gericht zwar den Nachtflug nicht verhindern. Denn die Veränderungen, die sich durch die neuen Flugrouten ergeben, haben nach Ansicht des Gerichts keinen Einfluss darauf, ob nachts geflogen werden darf, oder nicht. Im Falle der Hellriegel-Klage geht es aber grundsätzlich um den Standort des Flughafens und ganz konkret um die Betroffenheit Einzelner, die sich mit einer Verlagerung der Flugrouten sehr wohl verändert.
Wird der Hauptantrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses abgelehnt, soll ein Hilfsantrag greifen: Im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2006 ist ausgeführt, dass eine Änderung der Flugrouten zu einem (Teil-)Widerruf des genehmigten Flugregimes führen kann (BVerwG 4 A 1075.04, Rn. 356). Konkret kann dies bedeuten, so Hellriegel, dass der unabhängige Betrieb beider Bahnen untersagt, und damit eine Rückkehr zu den geraden Flugrouten ermöglicht werden kann.
Rechtsanwalt Hellriegel prüft für den Bürgerverein Leben in Zeuthen derzeit außerdem eine Klage gegen die Flugrouten. Die Festlegung der Flugrouten durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung vom Januar dieses Jahres ist nach Ansicht Hellriegels schon allein deshalb angreifbar, weil der Vertrauensschutz in der Abwägung mit keinem Wort berücksichtigt worden ist.
Martin Henkel aus Zeuthen: „Wir erwarten mit Spannung die mündliche Verhandlung der Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht, die für den 3. oder den 4. Juli angesetzt ist. Sollte der Flughafen zum abhängigen Betrieb beider Bahnen gezwungen werden, hätte dies Auswirkungen, die weit über den Verlauf der Flugrouten hinausgehen. Dann wären auch die Drehkreuzphantasien der Flughafenplaner erledigt und der BER müsste so in Betrieb gehen, wie er geplant und genehmigt wurde: Als mittelgroßer Flughafen für den regionalen Bedarf von Berlin und Brandenburg.“