„Wir müssen weiter wachsam sein“
Markus Peichl sieht die Entscheidung zu den Flugrouten als Erfolg des Bürgerprotests
Ich mag solche Vokabeln nicht. Ich und meine Potsdamer Bürgerinitiative sehen die Entscheidung mit einem lachenden und einem weinenden Auge.
Die Potsdamer können nun vergleichsweise ruhig schlafen. Freuen Sie sich nicht?
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Ihre „Bürgerinitiative schützt Potsdam“ hat viel Protest mobilisiert. Was bedeutet das für Sie?
Wir hatten in den letzten Wochen einen immensen Zulauf. Ich denke, dass diese Dynamik auch über den Streit um Flugrouten hinaus anhalten wird. Viele Leute haben gesehen, dass man etwas erreichen kann, wenn mach sich engagiert. Dieses Gemeinschaftgefühl wird bleiben. Da ist etwas in Bewegung geraten.
Nun hat die DFS die Flugrouten festgelegt. Ist damit das Ziel ihrer Bürgerinitiative erreicht und sie setzen sich zur Ruhe?
Auf keinen Fall. Wir müssen weiter wachsam sein. Sobald der Flughafen seinen Betrieb aufgenommen hat, muss eine Evaluierung erfolgen: Haben die gewählten Flugrouten zu der beabsichtigten Verschonung von Potsdam geführt? Und wie leben die belasteten Gemeinden damit? Wir müssen abwarten, wie sich die Entscheidung in der Praxis auswirkt.
Sie gehen also davon aus, dass ihnen die Frage der Flugrouten erhalten bleibt?
Für Potsdam war das nur ein Etappensieg. Wir werden dafür sorgen müssen, dass der BER Schönefeld nicht zu groß wird. Sobald er eine bestimmte Kapazitätsgrenze überschreitet, sind die Flugrouten von Montag nicht mehr fliegbar. Dann kommen andere Routen, die auch über Potsdam führen können. Unsere Forderung ist ganz klar: Die Kapazität von Schönefeld muss begrenzt werden.
Für die nähere Zukunft ist die Frage der Routen nun geklärt. Was halten Sie denn von der Arbeit der DFS?
Die DFS und das Bundesverkehrsministerium haben ganz gute Arbeit geleistet. Wichtig ist, dass nach den vielen Täuschungsmanövern Klarheit besteht. Da ist in der Vergangenheit viel Porzellan zerschlagen worden, von dem nun ein Teil wieder zusammengeklebt wurde.
Dennoch wirken Sie nicht so ganz zufrieden. Woran liegt das?
Schönefeld ist und bleibt ein falscher, unmenschlicher Standort. Die DFS hat – das muss man bei aller Kritik sagen – sich wirklich große Mühe gegeben, das Beste draus zu machen. Eine zeitgemäße, bürgernahe Lösung wird man mit diesem Standort aber nie hinkriegen.
Den Standort wird man nicht mehr verändern können. Sie finden die Wahl von Schönefeld als Standort nach wie vor falsch?
Unbedingt. Die Entscheidung von Herrn Diepgen, Herrn Stolpe und Herrn Wissmann für den Standort Schönefeld vor 15 Jahren war verantwortungslos. Der Flughafen hätte niemals in einem so dicht besiedelten Gebiet gebaut werden dürfen sondern weiter entfernt von Berlin und Potsdam. Dazu kommt, dass die Menschen über die Tragweite dieses falschen Standorts getäuscht wurden. Diesen Makel wird Schönefeld nie los werden. Unsere Region wird – egal ob jetzt die eine oder andere Gemeinde besser dasteht – noch Jahrzehnte unter dieser politischen Fehlentscheidung leiden.
Also ist das, was jetzt entschieden wurde, für Sie nur die etwas weniger üble Folge eines an sich immer noch großen Übels?
Das Übel Schönefeld bleibt. Fragen Sie die Anwohner der Havelseen oder des Müggelsees. Trotzdem müssen wir festhalten: Verglichen mit den Horror-Routen, die am 6. September 2010 hunderttausende Menschen aufgeschreckt haben, ist das eine Verbesserung. Nicht nur für Potsdam, sondern für die gesamte Region. Das verdanken wir dem Protest der Bürger. Er hat einiges in Ordnung gebracht, was verantwortungslose Politiker angerichtet hatten. Wir in Potsdam hatten von der Stadt und von der Landesregierung kaum Unterstützung. Trotzdem wird die Landeshauptstadt fast völlig von Fluglärm verschont. Wir Bürger können etwas bewegen. Darüber kann man sich doch auch mal freuen.
Das Interview führte Marco Zschieck,
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Markus Peichl ist Sprecher der „Bürgerinitiative schützt Potsdam“, die sich gegen Flugrouten über dicht besiedeltem Gebiet einsetzt. Der Österreicher ist Medienunternehmer.
- Quelle PNN am 06.07.2011 auf Seite 08