Pressemitteilung |
· Potsdam mehr denn je von BBI-Lärm bedroht · Die FLK-Beschlüsse und ihre möglichen Folgen · Massiver Protest gegen voraussichtliche Routenfestlegung |
Potsdam, 25. Mai 2011
Die Fluglärmkommission (FLK) des BBI Schönefeld hat sich mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, dass die Abflugrouten von der Nordbahn in Richtung Westen bis zum Autobahndreieck Werder geführt und dann außerhalb des Berliner Autobahnrings A10 nach Norden und Osten geleitet werden sollen. Sie folgte damit dem Antrag der Stadt Potsdam, die diese Routenführung - die sogenannte „Alternative 8“ - vorgeschlagen hatte.
Die Fluglärmkommission hat sich in einem zweiten Beschluss außerdem dafür ausgesprochen, dass sämtliche Abflüge vom BBI Schönefeld erst bei 10.000 ft bzw. 3050 Metern Höhe freigegeben werden sollen. Nach einer Freigabe dürfen startende Flugzeuge von den eigentlich vorgesehenen Flugrouten abweichen. Die Piloten können ihre Maschinen dann nach eigenem Ermessen steuern und beispielsweise kürzere Strecken wählen.
Es ist unstrittig, dass die Fluglärmkommission ihre Empfehlung der Alternative „8“ als eigenständigen Beschluss aufgefasst hat, der nicht durch die Kombination mit anderen Beschlüssen aufgeweicht werden soll.
Flugroutenplaner, Fluglotsen und Piloten bestätigen aber übereinstimmend, dass die beiden Empfehlungen der Fluglärmkommission – so sie denn von der Deutschen Flugsicherung (DFS) übernommen werden – in der täglichen Praxis nur zusammen umgesetzt und als „Gesamtpaket“ realisiert werden können. Etwas anderes sei weder technisch noch rechtlich möglich.
Das bedeutet konkret: Die West-Abflüge von der Nordbahn würden zwar zunächst geradeaus bis zum Autobahndreieck Werder geführt werden. Sobald sie aber 10.000 ft Höhe erreicht haben, würden sie die Freigabe erhalten und Richtung Norden bzw. zurück Richtung Osten abkurven.
10.000 ft haben die meisten Flugzeuge ca. zwei bis drei Kilometer vor Michendorf erreicht, größere und langsamere Maschinen erst kurz danach. Von dort würden sie sich dann in einem breiten Fächer über Potsdam und Teilen der Havelseeregion verteilen. Das Autobahndreieck Werder würden sie in aller Regel gar nicht erreichen. Eine untragbare Verlärmung von Potsdam wäre die Folge.
Noch schlimmer wäre es, wenn es zu einer Kompromisslösung zwischen der Empfehlung der Fluglärmkommission und den Vorstellungen der Deutschen Flugsicherung käme.
Die DFS muss den Empfehlungen der FLK nicht folgen. Sie hat bereits angedeutet, dass sie eine 10.000 ft Freigabe für nicht praktikabel hält und die in Deutschland übliche Freigabe bei 5.000 ft bzw. 1.520 Meter bevorzugt. Es ist daher denkbar, dass – wie in solchen Fällen nicht unüblich – ein Kompromiss gewählt wird. Motto: Die FLK will 10.000 ft, die DFS möchte 5.000 ft , also machen wir 7.500 ft . Entsprechende Lösungen sind nicht ausgeschlossen, sondern realistisch, weil sie insbesondere von Politikern als gesichtswahrender Erfolg verkauft werden könnten.
7.500 ft Höhe haben die meisten Flugzeuge bereits kurz nach Ludwigsfelde erreicht. Erfolgt die Abzweigung von dort in Richtung Norden und Osten, fächern sich die Flugrouten über das gesamte Potsdamer Stadtgebiet auf. Sowohl dicht besiedelte Wohngebiete als auch sämtliche Natur- und Naherholungsgebiete wären betroffen. Darüber hinaus wären die Flugzeuge hier tiefer und somit lauter.
Eine kombinierte Umsetzung der beiden FLK-Empfehlungen (Route Richtung Autobahndreieck Werder und Freigabe bei 10.000 ft) würde also zu einer inakzeptablen Lärmbelastung für Potsdam führen. Eine Kompromisslösung bei 7.500 oder 8.000 ft wäre für die Landeshauptstadt ebenso fatal.
Dagegen wird sich die „Bürgerinitiative Schütz Potsdam e.V.“ zusammen mit den Potsdamer Bürgervereinen „Nauener Vorstadt“, „Berliner Vorstadt“, „Klein Glienicke“, „Neu Fahrland“ und „Gross Glienicke“ mit allen Mitteln zur Wehr setzen. „Wir werden es nicht zulassen, dass Potsdam zum Verlierer in der Flugroutenauseinandersetzung wird“, lautet das gemeinsame Ziel.
Unterstützt werden die BI „Schützt Potsdam e.V.“ und die fünf Potsdamer Bürgervereine von der Bürgerinitiative „Fluglärmfreie Havelseen“, die sich den Potsdamer Forderungen und Anliegen vorbehaltlos angeschlossen hat.
Zusammen werden die Initiativen „Potsdam“ und „Havelseen“ für Montag den 20. Juni 2011, um 18:00 Uhr eine Demonstration in unmittelbarer Nähe des Brandenburger Landtags anmelden, um dort ihrem Protest Ausdruck zu verleihen.
Die Gefahr einer massiven Verlärmung von Potsdam durch den BBI ist aufgrund der aktuellen Entwicklungen größer denn je. Um das Schlimmste abzuwenden, fordern die Bürgerinitiative „Schützt Potsdam e.V.“ und ihre fünf Partner-Bürgervereine:
1. Die Empfehlung der FLK, Westabflüge von der Nordbahn bis zum Autobahndreieck Werder zu führen und danach außerhalb des Berliner Autobahnrings (A10) in Richtung Norden und Osten weiterzuleiten, muss ohne jegliche Einschränkungen und unabhängig von jeglichen Höhenfreigaben umgesetzt werden. Eine Zusammenfassung der beiden FLK-Beschlüsse „Alternative 8“ und „Höhenfreigabe bei 10.000 ft“ kommt nicht in Frage. Das Autobahndreieck Werder muss als geographischer Fixpunkt von allen Nordbahn-Westabflügen erreicht werden, ebenso muss die Route im weiteren Verlauf nördlich der A10 verbindlich – das heißt: ohne vorheriges Abkurven – geflogen werden. Dies ist die einzige Route, bei der Potsdam und der Berliner Südwesten wirklich verschont werden. Es ist die einzige „menschliche Route“, die Lärmschutzinteressen vor Wirtschaftlichkeitsinteressen stellt. Sie betrifft unstrittig die wenigsten Menschen und keine Naherholungsgebiete.
2. Sollte diese Route – wie zuletzt von der Deutschen Flugsicherung und dem Bundesamt für Flugsicherung behauptet – aus technischen oder rechtlichen Gründen tatsächlich nicht geflogen werden können, erwarten wir einen umfassenden, lückenlosen und nachvollziehbaren Nachweis dieser Gründe. Argumente wie „das ist auch sonst nicht üblich“ oder „das würde eine flüssige Abwicklung erschweren“ werden nicht akzeptiert. Da die Politiker, die Flughafenbetreiber und die DFS die Bürger jahrelang über die tatsächlich beabsichtigten Flugrouten getäuscht haben, sind gerade beim BBI auch unübliche, aufwändigere und weniger wirtschaftliche Lösungen mehr als angebracht.
3. Sollte der Nachweis erbracht werden, dass die verbindliche Route bis zum Autobahndreieck Werder und außerhalb des Berliner Rings tatsächlich nicht geflogen werden kann, sollten also aus rechtlichen oder anderen nachvollziehbaren Gründen Flüge innerhalb des Berliner Rings unvermeidbar sein, muss deren Routenfestlegung nach folgenden, objektiven Kriterien und nicht nach politischer Einflussnahme erfolgen:
· Die Routen müssen so festgelegt werden, dass sie möglichst wenige Menschen betreffen.
· Bei der Routenfestlegung muss berücksichtigt werden, ob Gebiete auch von Anflügen betroffen sind; ist dies der Fall, sind solche Gebiete zu verschonen, um eine Doppelbelastung zu vermeiden.
· Bei der Routenfestlegung muss ein fairer Ausgleich zwischen den beiden BBI-Betreiber-Ländern Berlin und Brandenburg erfolgen; es kann nicht sein, dass Brandenburg alle oder besonders viele Flugrouten abbekommt und Berlin keine oder nur wenige.
· Darüber hinaus könnte gegebenenfalls eine Lösung angestrebt werden, die im Sinne des Allgemeininteresses eine gleichmäßige Verteilung aller abknickenden Ost- Und Nordrouten entlang der gesamten Stecke bis zum Autobahndreieck Werder vorsieht. Die erwarteten 60 bis 70 Flüge pro Tag würden sich dann über alle Gebiete nördlich der Linie von Großbeeren bis Werder verteilen. Jedes Gebiet bekäme dann zwar Routen ab, aber jedes deutlich weniger als bei konzentrierten Lösungen wie sie aktuell geplant werden (nämlich nur ca. 10 bis 15 pro Tag). Das „Kirchturmprinzip“ wäre durchbrochen, jede Region würde eine geringe Belastung auf sich nehmen, aber keine bekäme alles ab. Eine solche solidarische Lösung wäre aber nur im Zusammenwirken und nur unter Zustimmung aller betroffenen Gemeinden denkbar.
Markus Peichl
Pressesprecher der Bürgerinitiative Weltkulturerbe Potsdam e.V.
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