Auf der gestrigen Veranstaltung stellte Rainer Bretschneider, zuständiger Staatssekretär MIL Brandenburg, die aktuelle Situation in der Flugrouten-Auseinandersetzung dar und erklärte zunächst, dass es sich bislang vor allem um ein Kommunikationsproblem gehandelt habe. Im Planfeststellungsverfahren sei explizit darauf hingewiesen worden, dass die Flugrouten zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt werden und man bei einem Flugplatz immer davon ausgehen müsse, dass Flugzeuge in einem 25 km Radius über die Häuser fliegen.
Brettschneider sagte, ein für ihn wichtiges Problemfeld sei der Überflug über Mahlow. Das Abknicken auf der nördlichen Startbahn um 15° in der neuen Flugroutenplanung vom 6. September 2010 sei erfolgt, um Mahlow vom Fluglärm zu verschonen. Insgesamt seien aber nur 15° zwischen beiden Startbahnen notwendig, also 2 mal 7,5° oder einmal 15° im Süden und Geradeausflug im Norden.
Zur Situation in Potsdam verwies Herr Bretschneider darauf, dass heute bereits in manchen Wohnvierteln – unter anderem in Eiche, wo er selbst wohnt - die Flugzeuge in Höhen zwischen 900 und 1500 Metern Richtung Tegel landen und es bislang noch niemanden richtig gestört habe. Die Kleinflugzeuge und der „Rosinenbomber“, so Brettschneiders subjektive Wahrnehmung, seien zwar ein Problem, nicht aber die landenden Passagierjets. Die würden erst jetzt durch die Sensibilisierung wegen der Fluglärm-Diskussion wahrgenommen werden. „Würde man im Garten sitzen“, so Bretschneider, „könnte man trotz eines solchen Passierjet-Überflugs ungestört seine Gespräche weiterführen, ohne belästigt zu werden“. Potsdam sei die am weitesten entfernte Gemeinde vom Flugplatz und seine Solidarität nehme „mit der Entfernung zum Flugplatz ab“.
Siegfried de Witt, Berliner Verwaltungsrechtler und Flughafenexperte, unterstrich mehrfach, dass Potsdam aus rechtlicher Sicht keine Möglichkeit habe, gegen das Überfliegen vorzugehen, da die Flughöhen weit über den unzumutbaren Grenzwerten liege.
Die jetzt geplanten Landeanflüge lägen laut Brettschneider bereits dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss zugrunde. Hier gebe es also keine Abweichungen. Diese Landerouten führten über Werder, die Havelseen und ganz Potsdam. Sie hätten eine Höhe von ca. 900 bis 1.500 Metern und entsprächen damit in etwa den heutigen Landeanflügen für Tegel. Zur Anzahl äußerte er sich vage. Er sprach von ca. 180 bis 190 Flugbewegungen pro Tag, die Potsdam wohl treffen würden. Das Publikum schenkte dem wenig Glauben. Es wurde geäußert, dass die Anzahl doch deutlich höher liegen müsse, wenn die vorgelegten Kapazitäts-Berechnungen für den BBI stimmten. Brettschneider räumte ein, dass die Flugdichte über Potsdam jedenfalls größer sein werde als durch die heutigen Tegel-Landeanflüge.
Bretschneider ließ erkennen, dass sich Brandenburg und Berlin für die Starts von der Nordbahn in Richtung Westen inzwischen offenbar auf eine Lösung verständigt haben. Diese besteht offenkundig in einer Route, die zunächst irgendwo zwischen Mahlow und Lichtenrade führt, dann geradeaus Richtung Nuthetal geht, von dort nördlich abzweigt und sich am Ende über Potsdam in drei Richtungen teilt. Eine solche Routenführung hatte auch das Brandenburger Umweltministerium in einem Antrag an die Fluglärmkommission vorgeschlagen, allerdings ursprünglich mit einer stärkeren Belastung von Lichtenrade.
Brettschneider beharrte darauf, dass diese startenden Flugzeuge Potsdam in etwa 3000 Metern überfliegen würden. Auf Nachfragen des Publikums, das ihm vorhielt, die Flughöhen würden laut Experten und Presseberichten auch über Potsdam teilweise bei 1350 Metern liegen, wich Brettschneider aus. Er habe von solchen „Schätzungen“ keine Kenntnis und gehe von 3.000 Metern aus.
Auf die Frage, ob die Ostschleife, die laut der Flugroutenplanung vom 6. November 2010 über Wannsee führen sollte, nun zusätzlich über Potsdam gelegt werde und die Landeshauptstadt somit jetzt noch mehr Fluglärm abbekommt, stellte Bretschneider sichtlich resigniert fest, dass die reichen Berliner Vororte so viel Druck aufgebaut hätten, dass Brandenburg nun eben mehr belastet werde. Er entschuldigte das sogleich damit, dass der Flughafen ja auch in Brandenburg liege und man das deshalb tragen müsse.
Auf eine weitere Nachfrage erklärte Brettschneider, die Flugroutenkorridore würde über Potsdam eine Breite von etwa drei Kilometern haben. Zur Breite des Lärmkegels, der dann auf dem Boden ankommt, äußerte er sich nicht. Er führte schließlich aus, dass Potsdam 365 Tage im Jahr überflogen werde. Ein Drittel des Jahres werde die Landeshauptstadt von Landungen betroffen sein, zwei Drittel von Starts. Brettschneider meinte abschließend, vermutlich werde Brandenburg in der gesamten Auseinadersetzung den schwarzen Peter ziehen und deutlich schlechter gestellt werden als mit dem aktuellen Vorschlag der DFS.
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